17.04.2023

Objekt 15 und 16: Carbon-Spezialgewebe von Gerster und ein Koffer aus dem Lager Lindele

Bei der Ausstellung „Biberach in 52 Objekten“, im Rahmen der Heimattage, wird das ganze Jahr über wöchentlich ein neues Objekt im Eingangsfoyer des Rathauses ausgestellt, das eine Verbindung zu Biberach hat. Damit können nicht nur die Biberacher, sondern auch Gäste, die Stadt noch besser kennenlernen. Die Objekte werden auch auf den städtischen Social-Media-Kanälen vorgestellt. Bis 16. April ist Carbon-Spezialgewebe der Firma Gerster zu sehen. Vom 17. bis 23. April ist ein Koffer aus dem Lager Lindele ausgestellt.
Objekt 15; © Stadt Biberach

Carbon-Spezialgewebe von Gerster
Seit fünf Generationen leitet die Familie Gerster das 1882 von Gustav Gerster gegründete Biberacher Unternehmen. Der ursprünglich kleine Posamentierbetrieb produziert unter anderem Zierbänder, Borten, Kordeln, Spitze und weitere Schmuckelemente für Textilprodukte wie Kissen oder Kleidung.

Heute ist Gerster mit über 200 Mitarbeitenden nicht nur das größte Posamentenwerk Deutsch-lands, sondern hat seine Produktpalette vor allem im Hightechbereich erweitert.

Seit 2004 gibt es dafür den Unternehmensbereich TechTex, der neben den traditionellen Produkten wie Gardinen und Teppicheinfassungen auch technische Textilien herstellt. Glas, Nylon, Polyester oder auch Flachs- und Hanffasern werden gewoben, geflochten oder gedreht und kommen zum Beispiel im Sport und in der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz.

Dazu zählen unter anderem Glasfaserstränge für Windkraftanlagen oder das auf dem Foto abgebildete Carbon-Spezialgewebe, das sehr leicht, sehr fest und extrem hitzebeständig ist. Damit ist es ideal für seinen späteren Verwendungszweck: Aus dem Material entsteht eine Bremsscheibe für einen Formel-1-Rennwagen.

Ein Koffer aus dem Lager Lindele
Das Lager Lindele hat eine abwechslungsreiche und oft auch traurige Geschichte: Während es 1939 nur Monate vor Beginn des Zweiten Weltkriegs als Wehrmachtskaserne errichtet wurde, wurden dort stattdessen bereits ab 1940 Kriegsgefangene untergebracht. Die rund 900 inhaftierten Franzosen wurden nach kurzer Zeit verlegt, um Platz für gefangene britische Offiziere zu machen. Als 1941 26 von ihnen die Flucht durch einen selbstgegrabenen Tunnel gelang, wurden sie ins Landesinnere verlegt. Stattdessen wurden im Lager bis 1942 hunderte sowjetische Kriegsgefangene untergebracht – mindestens 146 von ihnen starben und liegen heute auf dem russischen Friedhof in der Memminger Straße begraben.

Im Herbst 1942 wurde das Lager zum Internierungslager für rund 1.000 zivile Deportierte der englischen Kanalinsel Guernsey, darunter auch Familien und Kinder. 1944 kamen außerdem mehr als 300 Juden aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen ins Lindele.

Das Lager wurde im April 1945 von französischen Truppen befreit und anschließend als Flüchtlingslager und Krankenhaus für Heimkehrer genutzt, bevor es 1951 zum Standort der Biberacher Bereitschaftspolizei wurde. Die alten Baracken wurden in den 70ern abgerissen und durch feste Unterkunfts- und Verwaltungsgebäude ersetzt.
Heute befindet sich auf dem Gelände die Hochschule für die Polizei Baden-Württemberg.

Infokasten:
Alle bisher vorgestellten Objekte der Ausstellung „Biberach in 52 Objekten“ finden sich unter www.heimattage-biberach.de/biberach-in-52-objekten/.

Objekt 16; © Stadt Biberach