02.08.2023

In der Breslaustraße werden bald 8,6 Millionen kWh Wärme erzeugt

Die Stadt baut ihr Nahwärmenetz in der südlichen Innenstadt weiter aus. Dazu gehört auch der Neubau einer Heizzentrale in der Breslaustraße. Die Details wurden dem Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung vorgestellt.
So sieht der Ausbaustand des Biberacher Nahwärmenetzes bis zum kommenden Jahr aus.; © Stadt Biberach

Der erste Bauabschnitt des Nahwärmenetzes Innenstadt-Süd ist abgeschlossen, die Energiezentrale Memelstraße ist in Betrieb. Bereits im kommenden Winter können die daran angeschlossenen Gebäude mit überwiegend regenerativ erzeugter Wärme versorgt werden.

Die Nahwärmenachfrage von privater Seite sei ungebrochen hoch, sagte Baubürgermeister Christian Kuhlmann im Bauausschuss. Sie übertreffe deutlich die Erwartungen, die vor zwei Jahren mit dem Einstieg in dieses Projekt verbunden gewesen seien. Kuhlmann verdeutlichte aber auch: „Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.“

Einer dieser Schritte ist die Energiezentrale, die auf der Fläche des bisherigen Behördenparkplatzes in der Breslaustraße Ende 2025 in Betrieb gehen soll. Jens Maier und Rainer Schall von der IBS-Ingenieurgesellschaft aus Bietigheim-Bissingen stellten im Bauausschuss die Planung vor und gingen auf technische Details ein.

Die neue Heizzentrale soll das bestehende Netz mit der Energiezentrale Memelstraße und der Wärmeerzeugung im Bereich der Gymnasien ergänzen und zugleich die leistungsfähigste sein. Vorgesehen ist eine Lösung mit Holzkessel, der über 1.000 kW Leistung verfügt. Fürs Erste soll die Erzeugungskapazität bei 8,6 Millionen Kilowattstunden im Jahr liegen. Weitere vier bis fünf Millionen Kilowattstunden erzeugen die anderen beiden Anlagen jährlich gemeinsam. Das ermittelte Abnahmepotenzial der Nahwärme in den Bauabschnitten eins bis fünf liegt bei 12,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. „Die Anlage kann wirtschaftlich gebaut und betrieben werden“, sagte Jens Maier.

Die neue Energiezentrale könne später in Abhängigkeit der Nachfrage durch eine Großwärmepumpe mit Grund- oder Flusswassernutzung ergänzt werden, die jährlich 15 Millionen Kilowattstunden erzeugt. Bei einem massiven Netzausbau könne auch Tiefengeothermie in Betracht gezogen werden. Wie die beiden IBS-Vertreter ausführten, seien für den Betrieb in der Breslaustraße jährlich 8.000 Schüttkubikmeter Holz notwendig, dies bedeute rund 90 Lkw-Fuhren im Jahr. Bei Volllast könne die Anlage rund 40 Schüttkubikmeter am Tag verarbeiten.

40 Prozent Förderung

Die Kosten für die neue Energiezentrale bezifferten die Ingenieure auf sechs Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der 40-prozentigen Förderung nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verbliebe ein städtischer Eigenanteil von 3,8 Millionen Euro. Hinzu kämen weitere 1,74 Millionen Euro für den zusätzlichen 2,5 Kilometer langen Netzausbau.

Die Fraktionen betonten anschließend unisono die herausragende Bedeutung dieses Projekts. „Wir müssen den aufwendigen Netzausbau angehen, nur so können wir CO2 -neutral werden“, sagte Friedrich Kolesch (CDU). Mit zwei Punkten sei er allerdings nicht zufrieden, bemängelte Kolesch, der sich dabei auf zwei im vergangenen Jahr von der CDU gestellte Anträge bezog. Zum einen sei es schade, dass die Geothermie in der Breslaustraße nur als „absolutes Zukunftsthema“ berücksichtigt werde. Schließlich habe diese Technik „Riesenpotenzial“ und die Stadtwerke hätten sich bereits Bohrrechte gesichert. Zum anderen vermisse er die Planung für einen Heizzentralenstandort in der nördlichen Innenstadt.

Die neue Energiezentrale sei das „Herzstück“ des Nahwärmenetzes, sagte Josef Weber (Grüne). Wichtig sei, dass sich beim weiteren Netzausbau auch viele Privathaushalte beteiligen. Er erkundigte sich nach den weiteren Entwicklungen im nördlichen Bereich und auch in der Riedlinger Straße, wo ohnehin eine größere Sanierung geplant ist. „Alles andere ist gut und schön, wir stimmen gerne zu.“

Magdalena Bopp (FW) forderte, dass der Netzbetrieb kostendeckend sein müsse und die Preise für die Verbraucher zugleich attraktiv. Sie wies auch auf die große Bedeutung einer Anschlussmöglichkeit für die Häuser in der Altstadt hin. Bopp erkundigte sich zudem über einen Ersatz für den Parkplatz sowie die Herkunft des verwendeten Holzes und wollte wissen, ob die geplanten Netzverluste zwischen acht und zehn Prozent normal sind.

Waltraud Riek (SPD) gab zu bedenken, dass eine Holzfeuerungsanlage ihrer Ansicht nach nicht die optimale Technik sei. Aber die Heizzentrale müsse jetzt umgesetzt werden, der Anschluss ans Nahwärmenetz sei in der Altstadt von großer Bedeutung. Sie bemängelte aber die Kommunikation mit den Altstadtbewohnern bei diesem Thema.

„Wir freuen uns grundsätzlich, dass Biberach so früh dran ist und es sich leisten kann“, sagte Günter Warth (FDP). Er gab zu bedenken, dass die Hauseigentümer möglicherweise nicht mehr so begeistert seien, wenn sie wüssten, welche Kosten für den Hausanschluss und in der Folge auf sie zukämen. Warth warf zudem die Frage auf, inwieweit die Holzvariante umweltfreundlich sei, auch mit Blick auf den Anlieferverkehr.

Hochschule Biberach involviert

Zur Einordnung des Themas Tiefengeothermie skizzierte Baubürgermeister Kuhlmann die Entwicklung des Nahwärmeprojekts. Vor drei Jahren sei die Entscheidung gefallen, dass die Stadt einsteige. Bis vor einem Jahr habe es über die Verwendung von Holzhackschnitzeln keine Diskussion gegeben. Jetzt herrsche aber ein anderer Ton, die Verwendung von Holz, in diesem Fall Landschaftspflegeholz, sei deshalb ein „Zwischenschritt“. Die Stadt könne nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen.

„Tiefengeothermie ist bislang nicht ausreichend untersucht.“ Es gebe unbestritten ein Potenzial, mit dem sich auch ein Forschungsprojekt der Hochschule Biberach befasse. „Aber zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine Tiefengeothermie integrieren“, so Kuhlmann. Im Herbst werde die kommunale Wärmeplanung vorgestellt – ein Fahrplan, der den Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung aufzeigt. „Bis dahin wissen wir, ob und wo es Sinn macht, in Richtung Tiefengeothermie zu gehen.“

Das Nahwärmenetz solle ausdrücklich auch von vielen Privaten genutzt werden, erklärte Kuhlmann. In Bereichen, die in absehbarer Zeit nicht versorgt werden können, würden aber keine Gespräche mit den Eigentümern geführt. Wie der weitere Ausbau in der Innenstadt nach den bereits feststehenden Bauabschnitten aussehe, könne anhand der kommunalen Wärmeplanung festgelegt werden.

Zur Frage der wegfallenden Parkplätze an der Breslaustraße informierte Kuhlmann, dass Ersatz auf einem Nachbargrundstück geschaffen wird.

Ein Mehrgenerationenprojekt

Rainer Schall von der IBS-Ingenieurgesellschaft bezeichnete den Ausbau des Nahwärmenetzes als „Mehrgenerationenprojekt“, bei dem immer nur stückweise vorgegangen werden könne. „Man kann nicht eine Nahwärmeversorgung in einer Stadt der Größe Biberachs innerhalb weniger Jahre aufbauen.“

Er räumte ein, dass die Rolle von Holz als Energieträger beschränkt und auch die Kritik am Lkw-Verkehr teilweise nachvollziehbar sei. Im Prinzip sei die Verbrennung von Holz aber mit Blick auf den ganzen Kreislauf CO2 -neutral.

Am Ende stimmten die Fraktionen im Bauausschuss und jüngst auch im Gemeinderat einstimmig für das technische Konzept der neuen Heizzentrale und die Weiterentwicklung des Netzes in den Bauabschnitten drei bis fünf.

Bauabschnitt drei sieht die Realisierung der Energiezentrale Breslaustraße und der Netzanbindung zum Zeppelinring hinein in die Pfluggasse vor. In den Abschnitten vier und fünf soll das Netz über die Pfluggasse in die Ulmer-Tor-Straße geführt werden. Im Knotenpunkt UlmerTor-Straße und Zeppelinring könnten Gebäude der Kreissparkasse, der AOK und eventuell das Ärztehaus angebunden werden. Eine Umsetzung ist für 2024 und 2025 vorgesehen.

Geprüft wird außerdem, ob im kommenden Jahr der Netzausbau in der Wilhelm-Leger-Straße bis zur Realschule erfolgen soll. Im Jahr 2025 ist darüber hinaus der Netzausbau in der Adenauerallee vorgesehen.