28.06.2023

Alkoholkonsumverbot ab 1. Juli

Im Bereich des Biberacher Busbahnhofs gilt ab dem 1. Juli ein Alkoholkonsumverbot. Stadt und Gemeinderat reagieren mit dieser zunächst bis 31. Oktober befristeten Maßnahme auf die negativen Entwicklungen rund um den ZOB und den benachbarten Lebensmittelmarkt. Seit 2018 hat sich die Zahl der Straftaten in diesem Bereich nahezu verdoppelt. Dass dort nun von Montag bis Samstag von 16 bis 24 Uhr kein Alkohol mehr getrunken werden darf, soll ein Baustein zur Entspannung der Lage sein.
Schilder weisen auf das Alkoholverbot hin; © Stadt Biberach

Bereits im April war Stefan Prießner, Leiter des Biberacher Polizeireviers, im Hauptausschuss des Gemeinderats zu Gast gewesen und hatte die Kriminal- und Verkehrsstatistik für 2022 vorgestellt. Ein Schwerpunkt: der Bereich Bahnhof/Busbahnhof. Prießner erklärte damals, dass für die Stadt eine Datengrundlage für ein mögliches Alkoholkonsumverbot erarbeitet und außerdem geprüft werde, ob der Bereich im Sinne des Polizeigesetzes als „sicherheitsrelevanter Ort“ eingestuft werden kann. Diese Einstufung erfolgte in der Zwischenzeit, seit Mitte Mai darf die Polizei Identität und Ausweise ohne konkreten Verdacht kontrollieren.

Die CDU-Fraktion hatte zudem Anfang Mai einen Antrag gestellt, „ein Konzept zur Verbesserung der Sicherheitslage in der Stadt Biberach zu entwickeln und geeignete Maßnahmen zeitnah umzusetzen – Schwerpunkt Areal ZOB/ Rewe/Schulmeile“. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass man „ausdrücklich offen für Maßnahmen wie Alkoholverbot und Videoüberwachung des Areals“ sei.

In der Gemeinderatssitzung vergangene Woche skizzierte Ordnungsamtsleiterin Anna Kleine-Beek nochmals die Problemstellung. Es sei in der Tat so, dass im Bereich Schulmeile/Busbahnhof seit geraumer Zeit eine deutliche Verschlechterung der Gesamtsituation festzustellen sei, insbesondere vor dem Rewe-Markt. Personen aus dem Wohnsitzlosen- sowie Rauschgiftmilieu träfen hier mit verschiedenen Jugendgruppen aufeinander. 6,1 Prozent der Straftaten (Alkohol, Drogen, Vandalismus) im Stadtgebiet spielten sich hier ab. „Man muss das Wort Brennpunkt an dieser Stelle in den Mund nehmen“, so die Ordnungsamtsleiterin.

Bei der Verwaltung gingen viele Beschwerden ein. Es sei bislang aber nicht zu Übergriffen auf Unbeteiligte in diesem Bereich gekommen.

Nahezu täglich wird kontrolliert

Kleine-Beek betonte auch, dass eine stetige Präsenz von Polizei, Kommunalem Ordnungsdienst und Jugend Aktiv nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt habe. Polizeirevierleiter Prießner ergänzte, dass die Festsetzung als „sicherheitsrelevanter Ort“ als „Eingriffsmöglichkeit“ helfe – wenn jemand bislang mit einem Bier in der Hand gepöbelt habe, hätten keine Personalien erhoben werden dürfen, veranschaulichte er.

Dies sei nun anders. Mit Unterstützung des Polizeipräsidiums Einsatz sei zuletzt einen Monat lang nahezu täglich im ZOB-Bereich kontrolliert worden. Dies habe zur Verunsicherung der dort anzutreffenden Szene und einer Verringerung der Personenzahl geführt. „Einem harten Kern mit etwa zehn Personen ist es aber egal, ob kontrolliert wird“, so Prießner. „Diese Leute wollen einfach dort sein.“ Auch ohne das Polizeipräsidium Einsatz werde die starke Präsenz fortgesetzt.

Die Festsetzung als „sicherheitsrelevanter Ort“ sei nach den ersten Erfahrungen „sehr sinnvoll und erfolgreich“. Bei den von kommunaler Seite schon umgesetzten Maßnahmen verwies Anna Kleine-Beek auf die Videoüberwachung des angrenzenden Behördenparkplatzes, den Zaun am Pestalozzi-Gymnasium und die Sozialarbeit von Jugend Aktiv. Wobei Letztere mit ihren Ansätzen eine „gewisse Grenze“ erreicht habe. Sehr ärgerlich sei, dass die Sitzmöglichkeiten vor dem Lebensmittelmarkt noch nicht zurückgebaut worden seien.

Als weitere Maßnahme sei nun das Alkoholkonsumverbot von montags bis samstags von 16 bis 24 Uhr vorgesehen. „Wir erhoffen uns dadurch eine Entschärfung der Gesamtsituation vor Ort“, so Kleine-Beek, ein solcher Erlass sei eines der wenigen kommunalrechtlichen Mittel, um an dieser Stelle einzugreifen. Verstöße gegen das Verbot, das vorerst bis 31. Oktober dieses Jahres gilt, seien Ordnungswidrigkeiten und könnten mit bis zu 5.000 Euro Bußgeld bestraft werden.

Die Ordnungsamtsleiterin verdeutlichte auch, dass diese Maßnahme einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit darstellt und deshalb zeitlich und räumlich nicht beliebig ausgeweitet werden kann. Das Verbot umfasst den Rewe-Vorplatz (Eisenbahnstraße 9, Ulmer-Tor-Straße), den ZOB-Bereich sowie die Bahngleis-Unterführung zwischen Eisenbahnstraße und Freiburger Straße.

Mit sicherem Gefühl durch die Stadt

Von den Fraktionen gab es viel Zustimmung. „Wir hoffen, dass durch das Alkoholkonsumverbot wieder mehr Ruhe und ein friedvolles Miteinander möglich werden“, sagte Petra Romer-Aschenbrenner (CDU). Sie bat um einen Sachstandsbericht im Laufe des Jahres und wiederholte, was ihre Fraktion bereits im Antrag zu dieser Angelegenheit festgehalten hatte: Man sei offen für weitere Maßnahmen wie Videoüberwachung, sofern erforderlich. „Wir sind aber optimistisch, dass das jetzige Maßnahmenbündel eine Lenkungswirkung in die richtige Richtung hat.“

Oliver Lukner (FDP) mutmaßte, dass das „ernsthafte Problem“ durch das Verbot nicht gelöst, sondern nur verlagert werde. „Klar ist, wir müssen etwas tun, denn für viele ist eine gefühlte Sicherheit in dem Bereich nicht mehr gegeben.“ Das Verbot bringe allerdings nur bei entsprechender Überwachung etwas. Er habe Zweifel an der Wirksamkeit, so Lukner, „deshalb werden wir uns weiterhin um eine nachhaltige Lösung bemühen müssen“.

Von einer „schwierigen Abwägung“ sprach Manuela Hölz (Grüne). Das ähnliche Problem im Stadtgarten habe man vor Jahren mit Videoüberwachung gelöst. „Jetzt ist es deutlich sichtbarer und es muss gehandelt werden.“ Grundsätzlich müsse es aber möglich sein, dass Menschen dort abhängen. „Die Gesellschaft muss das ein Stück weit ertragen.“ Aber an dieser Stelle seien viele Kinder, Jugendliche und ältere Menschen unterwegs. „Auch wir stimmen dem Verbot zu, dann sehen wir, was dabei herauskommt.“

Ihr Wunsch sei es, dass alle Menschen mit einem sicheren Gefühl durch die Stadt gehen können, sagte Stefanie Etzinger (FW). Auch sie verwies darauf, dass das Verbot nur bei regelmäßiger Kontrolle zielführend sei. „Das Thema wird nicht grundsätzlich gelöst, es wird zu einer Verlagerung des Problems kommen“, so Etzinger, die in Richtung Bahnhof oder Schul- und Sportmeile verwies.

Die SPD begrüße, dass mit dem geplanten Verbot und dem bereits umgesetzten „sicherheitsrelevanten Ort“ mehr Druck aufgebaut werde, sagte Rudolf Metzger. „Wir hoffen auf eine deutliche Verbesserung und Entspannung der Lage.“ Er erkundigte sich nach einer Absprache mit der Bundespolizei, die für die Überwachung des angrenzenden Bahngeländes verantwortlich ist.

Auch Ralph Heidenreich (Linke) beschrieb das drohende Problem der Verlagerung. Er wollte wissen, wie viele Aufenthaltsverbote und Platzverweise bislang ausgesprochen wurden. Die Sinnhaftigkeit des Verbotszeitraums von 16 bis 24 Uhr erschließe sich ihm nicht. „Haben wir jetzt Abendschule?“, fragte Heidenreich. Er befürchte, dass man ein Problem vor sich herschiebe in dem Wissen, „dass man es nur größer macht und verlagert“. Er sei deshalb gegen das Alkoholkonsumverbot.

Schilder werden angebracht

Um auf das Verbot hinzuweisen, würden Schilder angebracht, erklärte Ordnungsamtsleiterin Kleine-Beek. Außerdem soll Jugend Aktiv gerade in der Anfangszeit als Multiplikator unterwegs sein. Die Kontrolle des Verbots erfolge durch den Kommunalen Ordnungsdienst und die Polizei. Mit der Bundespolizei werde es wegen des Bahngeländes Abstimmungen geben. Platzverweise würden statistisch nicht erhoben. Aufenthaltsverbote seien in jüngster Vergangenheit „zwei bis drei“ ausgesprochen worden.

Manfred Wilhelm (Grüne) bemängelte noch, dass das Vorgehen nicht konsequent sei, wenn der Bahnhof nicht Teil der Verbotszone ist. „Wir können nur Bereiche schützen, wo wir auch zuständig sind“, sagte Oberbürgermeister Norbert Zeidler.

Letztlich stimmten mit Ausnahme von Ralph Heidenreich alle Räte für die Polizeiverordnung, in der das Alkoholkonsumverbot geregelt ist. Die Polizeiverordnung kann unter www.biberach-riss.de/bekanntmachungen abgerufen werden.